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Landesfrauenpastorin: Kirche braucht mehr Chefinnen

Nachricht 08. März 2023
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Foto: Heike Körber/HkD

Zum internationalen Frauentag am Mittwoch (8. März) fordert die evangelische Landesfrauenpastorin im Haus kirchlicher Dienste Susanne Paul mehr Anstrengungen für Frauen in kirchlichen Führungspositionen. „Wir stecken da eindeutig noch in den Kinderschuhen“, sagte die Leiterin des Arbeitsbereichs „Evangelische Frauen“ in der hannoverschen Landeskirche dem Evangelischen Pressedienst (epd). Für mehr weibliches Leitungspersonal seien unter anderem familienfreundlichere Sitzungstermine und eine besser verteilte Kinderbetreuung nötig. Zudem brauche es eine Kultur, die nicht auf „einsame Wölfe“, sondern auf Kooperation setze.

epd: Frau Paul, reden wir über Frauen in Deutschland: Auch an diesem 8. März verdienen sie im Durchschnitt weniger als Männer. Sie sind seltener in Führungspositionen und stärker in die Betreuung von Kindern und Angehörigen eingebunden. Was davon würden Sie am liebsten sofort ändern?

Susanne Paul: Alles. Die unsichtbare Arbeit von Frauen für Kinder und Angehörige muss sichtbar werden, um gerechter aufgeteilt und honoriert zu werden. Dass Frauen rechnerisch weiterhin 18 Prozent weniger pro Stunde verdienen, ist ein Skandal. Und wir brauchen dringend mehr Frauen in Führungspositionen. Soziologen haben ermittelt, dass es eine kritische Masse an Chefinnen braucht, damit sich wirklich etwas zu mehr Gleichberechtigung und einer anderen Kultur verändert. In ganz vielen Bereichen ist diese Masse noch nicht erreicht.

epd: In der Lokalpolitik etwa sind Frauen nach wie vor deutlich seltener anzutreffen als Männer. Sie sind Landespastorin für Frauen bei der größten Landeskirche Deutschlands - müssen sich Ehrenamtliche in der Kirche eigentlich auch zwischen Karriere und Familie entscheiden?

Paul: Es kommt auf das Ehrenamt an: Wer ein Angebot macht für Familien oder Kinder, kann die eigene familiäre Situation berücksichtigen. Wer aber in die ehrenamtliche Leitung eines Kirchenkreises will, muss sich oft noch auf Sitzungen von 17 bis 21 Uhr einstellen. Es gibt zwar inzwischen Gremien, die eine Kinderbetreuung bezahlen - aber das muss eingefordert werden. Da stecken wir eindeutig noch in den Kinderschuhen.

epd: Und wie sieht es mit der Geschlechterparität in den Leitungsstrukturen der Kirche aus?

Paul: Es ist schon vieles von unseren Vormüttern erstritten worden. Das sollte man an diesem Tag nicht vergessen. Aber die Gleichung ist ganz einfach: Je höher Sie kommen, desto weniger Frauen sind da. In den Kirchenvorständen haben wir inzwischen überproportional viele Frauen. Aber im Bischofsrat sind es gerade einmal zwei Frauen gegenüber sechs Männern. Auch beim Amt der Superintendentin sind es zwar mehr Frauen als früher, aber immer noch deutlich zu wenige. Manchmal herrscht da auch immer noch eine Leitungsvorstellung von einsamen Wölfen. Solche Bilder schrecken Frauen eher ab, da brauchen wir dringend andere Leitbilder.

Alexander Nortrup/epd, Landesdienst Niedersachsen-Bremen