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„Sieben Wochen ohne“ – Fastentraditionen

Nachricht 01. März 2023

Interview mit Professor Dr. Wolfgang Reinbold

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Prof. Dr. Wolfgang Reinbold ist Beauftragter für Kirche und Islam im Haus kirchlicher Dienste der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und Professor (apl.) für Neues Testament an der Georg-August-Universität Göttingen. Foto: Jens Schulze

Interview mit Professor Dr. Wolfgang Reinbold

Herr Dr. Reinbold, was ist der ursprüngliche Sinn des Fastens – und wo hat es seine Wurzeln?

Menschen fasten seit alters her, und zwar in allen Kulturen und Religionen. Die Gründe dafür sind ebenso unterschiedlich wie die Formen. Es geht um Askese, Kontrolle, Verzicht, Reinigung, Trauer, Buße und vieles andere mehr, heute nicht zuletzt auch um Gesundheit. Einen einheitlichen Sinn gibt es nicht.

Ab Aschermittwoch heißt es wieder „Sieben Wochen ohne“: Die christliche Fastenzeit startet. Seit wann wird diese Zeit bewusst in dieser Form begangen und warum dauert sie ausgerechnet sieben Wochen?

Das setzt sich ab dem 4. Jahrhundert durch. Allerdings unterscheidet sich die Zahl der Fastentage von Ort zu Ort. Mal sind es 30, mal 31, mal 36, mal 40. Den ältesten Bericht über eine Fastenzeit von genau 40 Tagen verdanken wir der Pilgerin Egeria, die Ende des 4. Jahrhunderts das Heilige Land bereist hat. Sie berichtet, dass man in Jerusalem acht Wochen gefastet und dabei jeweils die Samstage und Sonntage ausgenommen habe. Auch heute ist die Zahl 40 eher eine runde als eine exakt berechnete Zahl. Ihren Ursprung hat sie in der Bibel, in den Evangelien. Sie erzählen, dass Jesus einst 40 Tage in der Wüste gefastet hat.

Wie fastet man eigentlich im Christentum?

Die Tage vor der Fastenzeit heißen nicht umsonst „Karneval“. Wenn Sie dieses ursprünglich lateinische Wort ins Deutsche übersetzen, haben Sie auch schon die traditionelle Antwort auf Ihre Frage: „Karneval“ kommt vom lateinischen Ausdruck „carnem levare“. Und das bedeutet: das „Fleisch wegnehmen“. Also: Christen und Christinnen essen während des Fastens üblicherweise kein Fleisch.

Diese Tradition gilt nicht nur für die Zeit vor Ostern, sondern auch für die anderen Fastenzeiten und die Fastentage Freitag – der Tag des Todes Jesu – und Mittwoch. Orthodoxe Christinnen und Christen etwa essen traditionellerweise an beiden Tagen weder Fleisch noch Eier noch Milchprodukte.

EMA – Evangelische Medienarbeit der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers