Materialien zum Schreiben

Schreibmaterialien

"Gans, Stier, Dornstrauch und Schaf"
brauchte ein Schreiber für seine Arbeit, so ein Epigramm des 12. Jhs.

Die Gans liefert die Federn zum Schreiben. Hierbei kam es darauf an, die richtige Härte des Federkiels zu erreichen. Nach zwei oder drei Zeilen musste der Federkiel nachgeschnitten werden.

Aus den Häuten von Stieren (und vielen anderen Tieren) stellte man Pergament her. Zunächst wurde die Tierhaut mehrere Tage in Salzlauge eingeweicht. Danach spannte man sie auf eine Gestell und schabte Fleisch und Haare ab. Jetzt konnte man das Pergament so zusammenfalten, dass Seiten in Buchgröße entstanden. Ein zusammengefaltetes Pergament mit mehreren Seiten nannte man "Lage". Um das Pergament noch geschmeidiger zu machen, wurde es mit Bimstein bearbeitet werden.

Pergament hatte sich gegenüber Papyrus als Schreibmaterial durchgesetzt, weil es haltbarer und strapazierfähiger war. Allerdings war es teuer - für ein großes Buch konnten bis 500 Tierhäute nötig sein. Erst am Ende des Mittelalters wurde Papier in Europa bekannt. Es war in der Herstellung deutlich billiger und führte daher zu einem deutlichen Anstieg der Buchproduktion.

Aus den Hörnern des Schafbocks wurden Gefäße zur Aufbewahrung der Tinte hergestellt. Die Tinte selbst wurde aus verschiedenen Materialien gewonnen, je nach der gewünschten Farbe.

Die Rinde von Dornsträuchern (Schlehen und Weißdorn) ist die Grundlage für die Tintenherstellung. Dornentinte ist wasserfest, lichtecht und hat eine rötlich-bräunliche Färbung.

Mit Hilfe von Ruß und Bindemitteln kann schwarze Tinte hergestellt werden. Rußtinte ist allerdings wasserlöslich.

Eisen-Gallus-Tinte hingegen wird aus pulverisierten Galläpfeln und Eisen- oder Kupfersalzen der Schwefelsäure gewonnen, kann aber den sogenannten "Tintenfraß" hervorrufen (die Säure ätzt dabei Löcher ins Papier).

Rubriken und Initialien

Des Weiteren gab es farbige Tinte. Vor allem rote, teilweise auch blaue Tinte war beliebt, um Absätze und Neuanfänge zu markieren. Der Beginn eines neuen Abschnittes wurde durch einen größeren, oft auch verzierten Buchstaben gekennzeichnet, eine sogenannte "Initialie". Initialien konnten wiederum mit kleinen Miniaturen ausgestattet werden.

Auch Überschriften und einzelne Worte wurden mit roter Tinte hervorgehoben, den sogenannten „Rubriken“.

Für die Buchmalereien wurde Farbe aus den verschiedensten Materialien hergestellt, hier einige Beispiele für pflanzliche und tierische Materialien:  

  • Grün aus Lauch, Petersilie und Schwertlilie,
  • Rot aus Brasilholz, Folium (aus Krebskraut gewonnen) oder Purpurschnecken (eher zum Färben geeignet),
  • Blau aus Indigo und Waid, aber auch aus zerriebenem Lapislazuli (wurde nur für sehr kostbare Stellen verwendet),
  • Gelb aus Gallen von Ochsen, Kälbern und Schildkröten.

Auch anorganische Farbmittel waren bereits bekannt, etwa Bleiweiß, Bleigelb oder Grünspan.

Quelle: Vera Trost u.a.: „Wie entsteht eine Handschrift?“ in: Handschriften des Mittelalters. Die großen Bibliotheken in Baden-Württemberg und ihre Schätze, hg. v. Staatsanzeiger für Baden-Württemberg, Stuttgart 2007, S.35-55.

Bildnachweise:

* „Mendel I 034 v“ von Anonym - Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung, Band 1. Nürnberg 1426–1549. Stadtbibliothek Nürnberg, Amb. 317.2°, via http://www.nuernberger-hausbuecher.de/. Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mendel_I_034_v.jpg#mediaviewer/File:Mendel_I_034_v.jpg

** „Tintenfrass02“ von Dr. Manfred Anders - Aufnahme Dr. Manfred Anders, Zentrum für Bucherhaltung GmbH, Leipzig. Lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tintenfrass02.jpg#mediaviewer/File:Tintenfrass02.jpg

*** „Weingartner Liederhandschrift Seite 18“, Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Weingartner_Liederhandschrift_Seite_18.jpg#mediaviewer/File:Weingartner_Liederhandschrift_Seite_18.jpg

Drei Finger schreiben ...

Wie im Mittelalter geschrieben wurde, kann man anhand der vielen Miniaturen rekonstruieren, die in Handschriften überliefert sind. Meistens sitzen die Schreibenden, oft sind schräge Schreibpulte zu sehen. Es sind auch viele Bilder überliefert, auf denen der Schreiber ein Buch auf dem Schoß hält, eventuell durch ein Kissen erhöht.

... der ganze Körper leidet

Gesundheitliche Probleme durch ungesunde Schreibhaltungen kannte man auch im Mittelalter schon. Aus dem 8. Jahrhundert ist der berühmte Ausspruch überliefert:

„Der, der nicht weiß zu schreiben, glaubt nicht, dass dies eine Arbeit sei. O wie schwer ist das Schreiben: Es trübt die Augen, quetscht die Nieren und bringt zugleich allen Gliedern Qual. Drei Finger schreiben, der ganze Körper leidet.“