Über 60 Personen aus verschiedenen Landeskirchen Norddeutschlands – viele von ihnen sind Pastor*innen oder Superintendent*innen – sind in der vergangenen Woche ins Kulturforum Lüneburg gekommen, um sich über Fragen der „Regiolokalen Kirchenentwicklung“ auszutauschen: Was bedeutet lokal – was bedeutet regional in der Praxis? Wie kann Vertrauen gefördert werden? Wie kann Raum für Neues entstehen und wie gestalten wir Abschiede auf dem Weg der Veränderung? Wo lauern Fallen, Konflikte und Widerstände – und wie gehen wir konstruktiv damit um? Welche geistlichen und biblischen Bilder machen Mut? Inwiefern sprengt „Regiolokale Kirchenentwicklung“ unser kirchliches System, wenn dabei Kirche an anderen Orten und der Sozialraum im Blick ist?
„Genau dieses lebendige Miteinander im Bewegen gemeinsamer Fragen und im Teilen von Ideen und Erfahrungen war unser Ziel, als wir diesen Tag in einem Landeskirchen-übergreifenden Team vorbereitet haben“, so Nicole Thiel, Leitende Pastorin im Hauptbereich Gottesdienst und Gemeinde der Nordkirche. „Wenn wir auch aus ganz unterschiedlichen Kontexten kommen, so sind die Probleme doch überall gleich“, ergänzt Pfarrer Dr. Stefan Welz, Referent für Theologische Grundsatzarbeit im Bischofsbüro der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg: „Denn der tiefgreifende gesellschaftliche Transformationsprozess verändert auch die vertraute Gestalt von Kirche und die Rahmenbedingungen für kirchliche Arbeit nachhaltig.“
In dem eingespielten Videovortrag drückte Prof. Dr. Michael Herbst, emeritierter Praktischer Theologe der Universität Greifswald, es so aus: „Wir empfinden den schmerzhaften Verlust und gestalten die unbestreitbar notwendigen Strukturanpassungen normalerweise nach dem dominanten Prinzip des Rückbaus; Investitionen in Umbau und mögliche Neuaufbrüche stehen dahinter zurück.“ Koreferent Hans-Hermann Pompe, rheinischer Pfarrer im Ruhestand und zuletzt Direktor der kirchlich-diakonischen Zukunftswerkstatt „midi“ in Berlin, plädierte leidenschaftlich dafür, das Strukturgefälle und also die Priorität bei Strukturentscheidungen zu überwinden: „Strukturen haben vielmehr eine dienende Funktion, nämlich die Menschen auf Gott hin zu bewegen.“ Weiche Faktoren wie Vertrauen, Beziehungen, Identität, Kreativität usw. seien unverfügbar und erscheinen zeitaufwendiger – und spielen doch eine entscheidende Rolle. Es zeige sich deutlich, dass notwendige Strukturveränderungen das Zusammenspiel mit gelingenden Beziehungen und geistlichen Dimensionen brauchen.