EU-Normen in einer Kirchengemeinde

St. Johannis Kirchengemeinde Engter setzt Umwelt- und Klimaschutz um

Aufbau eines Umweltmanagementsystems nach der höchsten europäischen Umweltnorm (EMAS III) mit Ehrenamtlichen, geht das überhaupt? Und wenn man sich das zutraut, mit welchem Gebäude und Grundstück fängt man an und was lässt man lieber erst einmal bleiben?

In der Kirchengemeinde Engter wurde von Anfang an alles einbezogen, auch der Friedhof und die Kita. Die Organisationsfähigkeit und die Vernetzung der Verantwortlichen im Umweltteam innerhalb der Kirchengemeinde und darüber hinaus machten alles möglich. Die Ergebnisse sind überzeugend: Ein ambitioniertes Umweltprogramm wird bearbeitet. Viele der Maßnahmen sind schon umgesetzt. Für den Klimaschutz besonders bedeutend ist die 2014 installierte Hackschnitzelheizung für das Gebäudeensemble aus Gemeinde- und Pfarrhaus und Kindertagesstätte. Ein ortsansässiger Landwirt betreibt die Heizung und verkauft die Wärme an die Kirchengemeinde. Die Gemeinde spart Kosten und Zeitaufwand, der Landwirt erwirtschaftet trotzdem Gewinn und die Heizung funktioniert fast klimaneutral. Und da die Holzhackschnitzel aus der Region stammen, ist auch der Transportweg kurz und dadurch klimaschonend und die Wertschöpfung bleibt vor Ort. Ebenfalls sehr innovativ ist die Sitzbankheizung in der Friedhofskapelle mit einer dünnen Folie, die einfach unter die vorhandenen Sitzkissen der Bänke gelegt und mit Infrarot-Deckenstrahlern kombiniert wurde – eine gut funktionierende, sparsame, körpernahe Heizmethode. Die alten Nachtspeicheröfen wurden überflüssig, der Stromverbrauch ging stark zurück.

Jetzt stehen die Überhangflächen des Friedhofs vor einer umfangreichen ökologischen Aufwertung, für die das Arbeitsfeld Umwelt- und Klimaschutz im HkD Fördermittel der EU eingeworben hat.

„Mir ist in den Kopf gekommen, wie sehr man vorher überhaupt nicht auf z.B. die Energieverbräuche geschaut hat. Es war richtig überraschend festzustellen, 103 Glühbirnen mit je 60 Watt plus einen 1000-Watt-Strahler in unserer Kirche zu haben. Die LED-Leuchten haben jetzt 5,8 Watt und der LED-Strahler 50 Watt. Dieser Zustand ist uns erst durch die Bestandsaufnahme bewusst geworden! Das Gleiche im Gemeindehaus mit 52 Deckenstrahlern zu 50 Watt, jetzt LEDs mit 3,5 Watt und es ist heller als vorher!

Wir sind sehr froh und glücklich diese Missstände durch unsere Teilnahme am „Grünen Hahn“ aufgedeckt und behoben zu haben, zum Wohle der Umwelt und unseres Geldbeutels. Wir möchten damit anderen Gemeinden großen Mut machen, sich auf den Weg zu machen!“

(Ewald Bruning, Umweltmanagementbeauftragter)

Weitere Projekte in der Kirchengemeinde

2017: Insektenhotel auf Friedhof

Für das Leben zwischen den Gräbern: Auf unserem Weihnachtsmarkt am 1. Advent 2016 ist in unserem Grünen-Hahn-Team - Friedhof, durch ein „Ausstellungsstück“ eines Insektenhotels die Idee entstanden, ein solches für unseren Friedhof zu bauen. Es wurde gleich im Januar 2017 damit begonnen und am 5. April 2017 an einem geeigneten Platz auf dem Friedhof aufgestellt. Nun können dort Wildbienen, Florfliegen, Schmetterlinge einziehen und für Brummen und Summen auf dem Friedhof sorgen.

Zur Erhöhung der Biodiversität sollen auf unserem Friedhof Streuobstwiesen, Wildblumenwiesen und Staudenbereiche neu im Rahmen eines EU-geförderten Projekts entstehen.

 

2016: Pflanzkiste „EssBar“

Näher geht’s nicht, frischer auch nicht – eine Kiste am Gemeindehaus bepflanzt mit Kräutern und Gemüse, aus der sich jeder bedienen kann: Die Idee stammt aus England. Im Sommer / Herbst 2016 fanden sich drei Personen zusammen und haben angepackt. Sie haben die Pflanzkiste selber gebaut, mit guter Erde befüllt und anschließend bepflanzt. Die Drei sind Mitglieder vom Umweltforum „Vielfalt ist Mehrwert“ und einer ist Mitglied in unserem Umweltteam „Der Grüner Hahn“. Aufgestellt ist die Pflanzkiste am Eingang zu unserem Gemeindehaus. Jeder Besucher darf sich etwas nehmen – was er gerade gut gebrauchen kann. Bepflanzt ist die Kiste mit Kräutern und Gemüse der Saison, z.B. Zucchini, Kresse, Salbei, Lavendel, Tomaten, Pfefferminze, etc.
Regionale Kräuter und Gemüse verwenden spart Treibhausgasemissionen: Es fallen keine bzw. kaum Emissionen für Transport und Lagerung an!

2016: Autofasten

Bei einem Workshop in Osnabrück, vom Haus kirchlicher Dienste, über umweltfreundliche Mobilität wurde eine Aktion „Autofasten“ vorgestellt. Das sprach uns sofort an und im darauffolgenden Frühjahr 2016 haben wir die Aktion sofort mit Beginn der Fastenzeit begonnen. Unsere Überlegung war: Warum sollten Menschen auf ihr Auto verzichten? – Unsere Idee: eine „Belohnung“. Wir haben dann einen Sponsor gesucht und gefunden, der uns für 1.000 km, die wir auf das Auto verzichteten, für unseren neuen Kitaspielplatz einen Baum sponsert. Für die „Autofastenaktion“ wurde Werbung im Gemeindebrief, in den Kitas und in der örtlichen Presse gemacht. Ebenso wurden auch Handzettel verteilt. Über E-Mail wurde dann eine Gruppe mit Interessenten gegründet. Gleich nach Ostern und der Fastenzeit haben wir alle TeilnehmerInnen eingeladen und die ausgefüllten Zettel mit den „gefasteten“ Kilometern ausgewertet. Gemeinsam haben wir über 3.200 km „Auto gefastet“. Davon 1.200 km mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt. Die „anderen“ 2.000 km waren Fahrgemeinschaften oder Zugreisen. Ein sehr schönes Ergebnis für unsere Kirchengemeinde und für unsere Kita. Dafür, dass wir zum ersten Mal eine solche Aktion durchgeführt haben, sind wir ein wenig stolz und wollen im Frühjahr 2017 wieder eine „Autofastenaktion“ starten.

 

2014: Energieeffizienz & Erneuerbare Energien: Heizungsmodernisierung

Im Jahr 2011 entstand die Idee das Gebäudeensemble aus Gemeinde- und Pfarrhaus sowie der Kindertagesstätte künftig mit einem klimaschonenden Heizsystem auszustatten. Im direkten Vergleich zu einer Erdgasbrennwertheizung und einem Erdgas-Blockheizkraftwerk wies eine Holzhackgut-Heizung die geringsten Energiekosten und die niedrigsten Umweltauswirkungen auf.
Energieholz gilt als umweltfreundlicher und weitestgehend CO2-neutraler Energieträger.  Da Holz lokal und regional verfügbar ist, bleibt die Wertschöpfung in der Region und es werden soziale Strukturen in der Region gesichert. Zudem werden Arbeitsplätze und zusätzliche Einkommensmöglichkeiten geschaffen. Durch die kurzen Transportwege und den minimalen Energieeinsatz für die Bereitstellung des Energieholzes kann die CO2 Bilanz der Gemeinde nochmals verbessert werden. Bei der Brennstofflieferung setzt die Kirchengemeinde auf einen ortsansässigen Kooperationspartner. Dieser beliefert die Gemeinde mit dem regenerativen Brennstoff Holzhackgut.
Das Holzhackgut wird auf der Diele des Pfarrhauses gelagert, das „früher Pastor Wasmuths Kuhstall“ war. Eine im freien verbaute Spezialförderschnecke ermöglicht es, dass der Brennstoff automatisch in den Brennstofflagerraum  transportiert werden kann. Die Holzhackgut-Heizung moduliert die Feuerungsleistung stufenlos und ist somit in der Lage den Wärmebedarf der Gemeindegebäude optimal und verlustarm zu decken. Eine Mikroprozessorsteuerung garantiert ein effektives Verbrennungsverhalten und einen hohen Wirkungsgrad der Anlage. Darüber hinaus wurde die Regelung der Wärmeverteilung komplett überarbeitet, so dass die jeweiligen Gebäude spezifisch Ihrer Nutzungsintensität mit Wärme versorgt werden können.

Technische Gebäudeausrüstung: 1 x Holzhackgut-Zentralheizkessel 100 kWth; Brennstoffvorrat mit Raumaustragung und Beschickung durch Trogschneckenförderung von Außen; Pufferspeicher, Schornstein-anlage;  Ertüchtigung der Wärmeverteilung und Steuerung in allen Gebäuden.

Erfolge/ Einsparung:
CO2 -Einsparung: rund -85%; Senkung der Brennstoffkosten: -40%; Senkung der Wärmegestehungskosten (Vollkosten): > -6%; 3. Platz für die Landeskirche Hannovers  beim Umweltpreis 2015 der Arbeits-gemeinschaft Christlicher Kirchen in Niedersachsen