„Als wir die Produktionshalle geplant haben, waren meine Mitarbeitenden aktiv eingebunden,“ berichtet Michael Biesel von den Anfängen seiner Tischlerei am neuen Standort in Bissendorf/Wedemark. „Zwei Tage haben sie gemeinsam mit einem Werkstattplaner den optimalen Fertigungsablauf entwickelt. Ich durfte nicht dabei sein!“, erinnert er sich. „Das Ergebnis hat mich vollkommen überzeugt. Ich habe nur noch Kleinigkeiten verändert.“ Was der Unternehmer hier beschreibt ist charakteristisch für die Zusammenarbeit im Betrieb. Die achtzehn Mitarbeitenden können ihre Ideen einbringen und werden in Entscheidungsprozesse einbezogen. Vom Kundengespräch bis zur Montage sind sie beteiligt an der Gestaltung der Projekte. Und das alles in einer Atmosphäre der Wertschätzung und des respektvollen Miteinanders.
Nachhaltig aus Überzeugung
Wer die im Jahr 2020 fertiggestellte Produktionsstätte der Tischlerei betritt, gerät ins Staunen. Durch eine Kuppel in der Decke fällt so viel Licht in die Halle, dass LED-Leuchten nur noch ergänzend notwendig sind. Ein Vakuumheber an einer Kranbahn unterstützt das Handling der Werkstoffe. Die durchdachte Anordnung der modernen, digital gesteuerten Maschinen ermöglicht optimale Arbeitsabläufe. Den Strom für die Produktion liefert zu einem großen Teil die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Halle. Die restliche Energie wird als Ökostrom dazugekauft. Die Halle selbst wird beheizt durch eine Wärmepumpe mit sog. Betonkernaktivierung. Selbst das Außengelände ist mit Unterstützung des NABU nach umweltfreundlichen Kriterien gestaltet. Im Sommer bewirtschaften die Mitarbeitenden ihr eigenes, selbst gebautes Hochbeet.
Mit seiner Vision von einer klimaneutralen Möbeltischlerei hat sich Michael Biesel einer besonderen Herausforderung gestellt. Tischlereien gehören zu den energieintensivsten Gewerken. „Wir wollen mit diesem Vorhaben zeigen, dass sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit vereinbaren lassen und sich die Investition in Umweltschutz lohnt. Sowohl Mitarbeitende als auch Kunden wissen unser Handeln zu schätzen.“ Die konsequente Umsetzung seines Vorhabens findet große Anerkennung: Das Unternehmen ist ein Leuchtturmprojekt der Region Hannover, im Jahr 2020 ist es mit dem erstmals verliehenen Klima-Innovationspreis Niedersachsen ausgezeichnet worden. Mit seinem guten Ruf macht der Handwerksbetrieb auf sich aufmerksam. Junge Menschen bewerben sich, weil sie hier ein Arbeitsumfeld finden, dass ihren Vorstellungen entspricht.
Als Firmeninhaber setzt Michael Biesel die Geschichte des Unternehmens in vierter Generation fort. Sein Urgroßvater hat den Betrieb 1925 gegründet. In der Folgezeit gab es vielfältige Weiterentwicklungen: Von der Bau- zur Möbeltischlerei, vom Hobel zur 5-Achs-CNC, vom Zirkel zum Entwurf am Computer, vom hierarchischen Führungsstil zur flachen Kommunikationsstruktur. Die Produktpalette reicht von hochwertigen Wohnzimmertischen über Empfangsbereiche für Arztpraxen bis zu Akustikelementen. Seit dem Beginn der Corona-Pandemie ist der Betrieb gefordert, flexibel auf die noch immer andauernden Lieferengpässe zu reagieren und neue Bezugsquellen zu erschließen.
Auf die Frage, was er sich von Kirche wünsche, antwortet Michael Biesel: „Kirche kann den Zusammenhalt in der Gesellschaft fördern, indem sie Menschen miteinander ins Gespräch bringt.“
Hille de Maeyer, Referentin für Kirche und Handwerk
