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Bundeswehr weitet Werbung aus

BERLIN/BONN/WARENDORF/BALINGEN - Die Bundeswehr intensiviert ihre Werbemaßnahmen zur Nachwuchsrekrutierung. Im Fokus der entsprechenden PR-Kampagne stehen Mädchen und Jungen im Alter von sechzehn bis siebzehn Jahren. Sie werden zur Zeit aufgefordert, sich zu einem sogenannten Funsport-Event unter dem Titel "Bw-Olympix" anzumelden. Das Bundesverteidigungsministerium rechnet mit etwa 1.000 jugendlichen Wettkampfteilnehmern, die in der Sportschule der deutschen Streitkräfte untergebracht werden sollen. Für die Anmeldung zu "Bw-Olympix" ist die deutsche Staatsbürgerschaft und der Verzicht auf das Recht am eigenen Bild obligatorisch. Ersteres stellt sicher, dass nur Jugendliche an den Wettkämpfen teilnehmen, die auch von der Bundeswehr angeworben werden können; letzteres gewährleistet die Nutzung von Porträtfotos für weitere Propagandaaktionen. Eher künstlerisch orientierte Halbwüchsige umwirbt die deutsche Armee mit dem Musikwettbewerb "Bw-Musix", zu dem dieses Jahr etwa 1.500 Teilnehmer erwartet werden. Wie im Falle von "Bw-Olympix" werden den jugendlichen Wettkämpfern auch hier zahlreiche, zum Teil hoch dotierte Preise in Aussicht gestellt. Antimilitaristische und pazifistische Gruppen haben bereits in der Vergangenheit mehrfach gegen "Bw-Musix" protestiert; Kinderhilfsorganisationen kritisieren das sogenannte Jugendmarketing der Bundeswehr scharf.


Bundeswehr hautnah
Wie das Bundesverteidigungsministerium mitteilt, wird die Bundeswehr in der Zeit vom 1. bis zum 3. Juni dieses Jahres zum wiederholten Male das sogenannte Funsport-Event "Bw-Olympix" veranstalten. Es steht unter dem Motto "Meet and Compete" und richtet sich an Jungen und Mädchen im Alter zwischen sechzehn und siebzehn Jahren. Austragungsort der Wettkämpfe in den Trendsportarten Beachvolleyball, Beachhandball, Minisoccer und Streetball ist die Sportschule der deutschen Streitkräfte im nordrhein-westfälischen Warendorf. Erwartet werden etwa 1.000 Jugendliche aus ganz Deutschland. Sie hätten die Möglichkeit, ein ganzes Wochenende lang die "Bundeswehr hautnah (zu) erleben", heißt es.[1]

Gruppen-Tour zum Manöver
Um den Nachwuchs zur Teilnahme an "Bw-Olympix" zu motivieren, übernehmen die deutschen Streitkräfte nicht nur die Fahrtkosten, sondern sorgen auch für Unterkunft und Verpflegung. Geboten werde den jugendlichen Wettkämpfern darüber hinaus ein "super Rahmenprogramm mit prominenten Sportlern, Musik und Infotainment", erklärt die Bundeswehr.[2] Den Gewinnern winkten zudem "einmalige" Preise, die es "nirgendwo zu kaufen" gäbe. Wie der eigens für die Werbung für "Bw-Olympix" eingerichteten Website zu entnehmen ist, handelt es sich dabei unter anderem um eine "spannende Gruppen-Tour" nach Sardinien. Diese sieht den Veranstaltern zufolge ebenso den Aufenthalt beim taktischen Ausbildungskommando der Luftwaffe vor wie die Teilnahme an dem Manöver "Überleben auf See": "Hierbei lernt ihr unter anderem, euch aus dem Wasser in eine Rettungsinsel zu bergen."[3]

Direktansprache im Sportumfeld
Organisiert wird "Bw-Olympix" von der Abteilung "Jugendmarketing" des Bundesverteidigungsministeriums, die ihrerseits die Hamburger PR-Agentur Euro RSCG ABC beauftragt hat. Euro RSCG ABC zeichnet auch verantwortlich für das im Wechsel mit "Bw-Olympix" von der Bundeswehr durchgeführte Beachvolleyballturnier "Bw-Beachen" (german-foreign-policy.com berichtete [4]). Um Jugendliche für die Teilnahme an den Sportveranstaltungen zu gewinnen, hat die PR-Agentur nach eigenen Angaben ein umfassendes "Kommunikationskonzept" entwickelt. Es beinhaltet zunächst die Einrichtung einer Onlinepräsenz [5], auf der, wie es heißt, "sämtliche Informationen gebündelt sind" und über die "das komplette Anmeldeverfahren erfolgt". Die Onlinepräsenz wiederum ist laut Euro RSCG ABC "eng verknüpft mit weiteren Social-Media-Aktivitäten wie zum Beispiel Facebook". Allein auf die Attraktivität des Internets möchte sich die PR-Agentur bei ihrer Werbeoffensive allerdings offenbar nicht verlassen!
"Das Kommunikationskonzept beinhaltet gleichermaßen Kooperationen auf Medien- und Verbandsebene sowie die Direktansprache (...) im Schul- und Sportumfeld."[6] Angesprochen werden ausschließlich Teenager, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und sich schriftlich bereit erklären, auf das Recht am eigenen Bild zu verzichten. Ersteres stellt sicher, dass nur Jugendliche an den Wettkämpfen teilnehmen, die auch von der Bundeswehr angeworben werden können; letzteres gewährleistet die Nutzung von Porträtfotos für weitere Propagandaaktionen.

Karrierechancen
Den an "Bw-Olympix" interessierten Jugendlichen wird die Bundeswehr auf der PR-Website als "attraktiver Arbeitgeber" präsentiert, der "ein vielfältiges Angebot an Karriere- und Berufschancen" biete. So seien etwa Offiziere am ehesten "mit Managern in Großunternehmen vergleichbar", heißt es. Besonders umworben werden angehende Abiturienten, denen ein Studium an den Hochschulen der deutschen Streitkräfte nahe gelegt wird: "Die Unis der Bundeswehr zeichnen sich besonders durch ihre guten Rahmenbedingungen und eine hochwertige Infrastruktur aus. Die Betreuungsdichte (Studenten pro Professor) an den Unis ist hoch, ihre Ausstattung mit Lehrmaterial hervorragend. Wohnungen auf dem Campus werden bereitgestellt und die Studenten (...) studieren bei vollem Gehalt!" Wie auf der Homepage weiter ausgeführt wird, biete der Dienst als Soldat die "Möglichkeit, frühzeitig Verantwortung zu übernehmen" - nicht zuletzt bei "multinationalen Einsätzen in Krisenregionen".[7]

Militärmusik in Kabul
Weniger sportlich, sondern eher musisch interessierte Jugendliche umwirbt die Bundeswehr mit dem Musikwettbewerb "Bw-Musix", der im Oktober zum vierten Mal in Folge in der baden-württembergischen Kreisstadt Balingen stattfinden soll. Flankiert werden die Blasorchester- und Schülerbigbandwettbewerbe mit bis zu 1.500 Teilnehmern von zahlreichen Workshops und Partys, zu denen unter anderem auch ein Saxophonist aus der Crew des bekannten Fernsehshowmoderators Stefan Raab geladen ist. Analog zu "Bw-Olympix" winken den Gewinnern Geld- und Sachpreise im Gesamtwert von 25.000 Euro; unter anderem stiftet die Firma Yamaha hochwertige Musikinstrumente. Vergeben werden die Preise öffentlich von einer vierköpfigen Jury aus uniformierten Angehörigen des Musikkorps der Bundeswehr. Über einen der Juroren heißt es in einer Selbstdarstellung der deutschen Streitkräfte, er habe "bei einem mehrmonatigen Auslandseinsatz als Leiter des Mentorenteams der Afghan-National-Army-Musicband in K!
abul" fungiert.[8]


Proteste
Im vergangenen Jahr haben antimilitaristische und pazifistische Gruppen scharf gegen "Bw-Musix" protestiert. Kritisiert wurde insbesondere, dass "ganze Schulklassen (sogenannte Bläserklassen) der Bundeswehr zugeführt" worden seien.[9] Ähnlich äußerte sich auch das "Deutsche Bündnis Kindersoldaten", zu dem renommierte Kinderhilfsorganisationen wie etwa "terre des hommes" zählen. Das Bündnis fordert, dass "unter 18-Jährige prinzipiell nicht für Armeen oder bewaffnete Gruppen geworben werden".[10]


[1] Bw-Olympix 2012. Bundeswehr lädt zum Funsport-Event ein. Pressemitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung 13.03.2012
[2] Bw-Olympix 2012 - Spaß und Action garantiert! www.bw-olympix.de
[3] Mitmachen lohnt sich - einmalige Gewinne bei den Bw-Olympix 2012! www.bw-olympix.de
[4] s. dazu Girls' Day
[5] Euro RSCG ABC entwickelte zunächst die Website www.bw-beachen.de, deren Nutzer mittlerweile direkt auf die Homepage www.bw-olympix.de umgeleitet werden.
[6] Bw-Beachen 2011: Wir motivieren Jugendliche für das Bundeswehr-Event; www.eurorscgabc-hamburg.de 25.03.2011
[7] Karriere im Blick? - Neue Bundeswehr - neue Chancen; www.bw-olympix.de
[8] Die Jury des Jugendblasorchesterwettbewerbes stellt sich vor; www.militaermusik.bundeswehr.de
[9] Bw-Musix abblasen! Demonstrationsaufruf Oktober 2011
[10] Die Forderungen des Deutschen Bündnisses Kindersoldaten. In: Hendrik Cremer: Schattenbericht Kindersoldaten 2011. Osnabrück 2011