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Sommerzeit ist Pilgerzeit

Nachricht 13. Juli 2023

Unterwegs auf dem Pilgerweg Loccum-Volkenroda

Herbergsvater nennt Peter Kluwe sich. Die Menschen, die in seine Herberge kommen, sind stille Pilgernde, unterwegs zu sich, zu Gott oder einfach nur, um die Natur zu genießen. Kluwe heißt sie alle willkommen in der Pilgerherberge Bursfelde am Weserufer. Eine Woche lang kümmert er sich um die Frauen und Männer, die den Pilgerweg Loccum-Volkenroda ganz oder in Etappen gehen. Die Herberge im Geistlichen Zentrum Kloster Bursfelde ist eine der Stationen auf dem Weg. Nahe dem Tagungshaus und der alten romanischen Kirche ist eine Pilgerherberge eingerichtet. Von Ostern bis zum Reformationstag können Pilgernde dort übernachten.

Ein einfaches Zimmer, eine kleine Küche, mehr braucht es nicht beim Pilgern, das Kluwe „einen mobilen Gottesdienst“ nennt, denn „Pilgern ist etwas anderes als Wandern“. „Auch wenn viele es nicht so direkt ausdrücken, sind sie doch auf einer spirituellen Suche“, hat er in den Gesprächen erfahren, die sich beim Abendessen, nach einer gemeinsamen Andacht oder einfach nebenbei ergeben. „Viele gehen deshalb auch bewusst alleine, meist sind mehr Frauen als Männer unterwegs“, sagt Kluwe, der mehr als zehn Jahre ehrenamtlich als Pilgerbegleiter tätig war. In Bursfelde Herbergsvater zu sein, bedeutet für ihn selber, „aus einem betriebsamen Alltag rauszukommen, ohne Fernsehen und E-Mails an einem wunderschönen Ort eine Auszeit zu erleben“. Und eben Gespräche mit den häufig spontan auftauchenden Pilgernden zu führen. Auch Andachten bietet er an, gibt einen Pilgersegen mit auf den Weg oder legt auf Wunsch die Hand auf manchen PilgerInnnen-Kopf, „dabei habe ich auch schon Tränen fließen sehen“. Häufiges Motiv für eine Pilgerwanderung sei der Wunsch, sein Leben zu überdenken und eine neue Richtung zu finden. Der Übergang vom Beruf in die Rente, eine Trennung oder eine persönliche Sinnsuche seien die Themen, die Menschen auf ihrem Weg beschäftigten. „Es ist erstaunlich, wie offen und bereit zu tiefergehenden Gesprächen viele Pilgernde sind“, sagt der ehemalige Lehrer aus Hameln, der auch als Telefonseelsorger gearbeitet hat. „Wie berührend und sinnstiftend ihre Zeit unterwegs war, erfahren wir auch durch die Gästebuch-Einträge vieler Pilgernder.“

Das blaue Signet kennzeichnet die Pilgerkirchen am Weg

Im Gästebuch der evangelischen Kapelle von Rehren findet auch Kirchenvorsteherin Christa Sahlfeld viele Einträge von Pilgernden. Gerade hat die Kapelle, die zur Kirchengemeinde Auetal gehört, das Signet „Pilgerkirche“ der Landeskirche Hannovers erhalten. „Wir empfangen schon seit vielen Jahren Pilgernde hier“, erzählt die Lehrerin. „Doch wir wollten das jetzt auch mit einem offiziellen Zeichen besiegeln.“ Kirchengemeinden, die das kleine blaue Signet an ihrer Kirche anbringen wollen, müssen bestimmte Kriterien erfüllen. Die Kirche soll in unmittelbarer Nähe an einem Pilgerweg liegen. Weitere Kriterien einer „Pilgerkirche“ sind eine verlässliche Öffnung zwischen Ostern und Ende Oktober, der Pilgerstempel soll erhältlich sein und wünschenswert ist auch, dass die Kirche und ihr Außengelände gastfreundlich erscheinen und zu Besinnung und Gebet einladen.

„Unsere Kapelle ist jetzt renoviert und saniert worden“, berichtet Sahlfeld, die mit ihrer Familie direkt gegenüber der kleinen Kirche wohnt. Sahlfelds Mutter kümmert sich um die Öffnung und Pflege der Kapelle und sorgt immer für einen Vorrat an bereitliegenden „Segenssöckchen“. „Frauen aus unserer Gemeinde stricken kleine bunte Söckchen mit einem Segensspruch darin, die man sich beispielsweise an den Rucksack hängen kann“, erzählt die Kirchenvorsteherin. Mehrere hundert Söckchen im Jahr gingen so auf Wanderschaft, manchmal passten die darin verborgenen Segenssprüche überraschend genau auf die Situation eines oder einer Pilgernden, hat sie erfahren. Über die ehrenamtliche Arbeit der Sockenstrickerinnen sei auch die Gemeinde an dem Pilgerweg beteiligt, sagt Sahlfeld. Sehr direkt engagiere sich die Gemeinde in der Katharinenkirche in Kathrinhagen, die ebenfalls Pilgerkirche sei und auch zur Gemeinde Auetal gehöre. „Dort gibt es eine kleine Pilgerherberge mit sechs Plätzen, die von Ehrenamtlichen betreut wird“, berichtet sie. „Wir als Gemeinde sind sehr gerne Gastgeberin für die Menschen auf dem Pilgerweg.“

Große Nachfrage nach geführten Pilgertouren

Wer lieber in Gemeinschaft als alleine den Pilgerweg gehen möchte, kann sich an die ehrenamtlichen Pilgerbegleiter*nnen wenden, die von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers ausgebildet werden. Sie bieten geführte Touren an und sind mit ihnen einen oder auch mehrere Tage gemeinsam unterwegs. Klaus Kastmann ist seit seinem Eintritt in den Ruhestand vor zehn Jahren als Pilgerbegleiter tätig. Seit einigen Jahren bietet er Pilgertouren an, unter anderem speziell für Männer, die sehr gut nachgefragt sind. Kastmann gefällt die besondere Atmosphäre in einer Gruppe pilgernder Männer.  „Wenn Männer bei so einem Angebot unter sich sind, öffnen sie sich eher“, sagt der ehemalige Kirchenkreisamtsleiter aus Hildesheim. „Sie merken, dass sie ähnliche Probleme haben, das hilft beim gegenseitigen Verständnis.“ Kastmann stellt seine Touren unter ein spirituelles Thema, hält kleine Andachten auf dem Weg oder in Kirchen, plant aber auch eine Brauereibesichtigung ein, wenn er beispielsweise im Eichsfeld unterwegs ist.   

Susann Röwer, die Koordinatorin des Pilgerwegs Loccum-Volkenroda im Haus kirchlicher Dienste, berichtet ebenfalls von einer großen Nachfrage von Interessierten, die sich in diesem Sommer auf den Pilgerweg machen wollen. Auch Rückmeldungen der Menschen, die bereits unterwegs waren, um ihr Tun für Momente der Einkehr und Spiritualität zu unterbrechen, bestärken Röwer darin, die Infrastruktur des Pilgerwegs weiter auszubauen. Denn auch sie war bereits auf dem Weg Loccum-Volkenroda unterwegs und berichtet: „Den Kirchenraum spüren, wenn ich so ganz alleine in der Kirche bin. Mir selber zuzuhören, wenn ich dort in der Kirche singe. Die unverhofften Begegnungen und oftmals intensiven Gespräche oder einfach nur die Stille genießen. Für mich das Besondere am Unterwegs sein, das mich weit durch meinen Alltag trägt.“

Ansprechpartnerin

Susann Röwer

Koordination Pilgerweg Loccum-Volkenroda