Foto: HkD

Pastorin, Landwirtstochter und Brückenbauerin

Nachricht 11. März 2022
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Ricarda Rabe fand als Jugendliche Halt in der Kirche und hat sich deshalb für ein Theologiestudium entschieden. Foto: Jens Schulze/HkD

Ricarda Rabe (56) wuchs auf einem Hof mit Kühen, Schweinen und Ackerbau in Niedersachsen auf. Nach dem Theologiestudium arbeitete sie mehrere Jahre als Gemeindepastorin, bis sie vor acht Jahren die Stelle als Referentin der Kirche auf dem Lande bei der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers antrat.

Frau Rabe, Sie waren acht Jahre lang Referentin für die Evangelische Kirche auf dem Lande in der Region Hannover. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?

Rabe: „Das ist der beste Job nach Bischof“, hat mir einer meiner Vorgänger gesagt. Ich versuche zwischen Kirche, Gesellschaft, Landwirtschaft und Politik eine Übersetzerrolle einzunehmen. Ich habe selbst Stallgeruch, weiß, dass die Landwirtschaft nicht immer nur Bullerbü ist. Das hilft mir in dieser Position ungemein. Was mir daneben am Herzen liegt, ist die Leitung der Evangelischen landwirtschaftlichen Familienberatung (ELF) mit 17 ehrenamtlichen Beraterinnen und Beratern.

Warum braucht es eine Kirche auf dem Lande?

Rabe: Kirchenarbeit auf dem Dorf ist anders, weil die sozialen Schichten durchmischter sind. Im Dorf treffen sich die Verkäuferin, der Arzt, der Bauarbeiter … auch in ihrer Freizeit. In der Stadt bleiben diese Gruppen eher unter sich. Dort gibt es Angebote für Jugendliche aus ärmeren Stadtteilen oder den Chor für Studenten. Das hat auch  Auswirkungen auf die Gemeinschaft. Anfang der 90er-Jahre ist das Bewusstsein für die Unterschiede zwischen Stadt und Land gewachsen. Daraufhin hat die Landeskirche Hannovers diese Stelle geschaffen.

Die Fastenzeit hat begonnen. Die Evangelische Kirche gibt das Motto „Üben! Sieben Wochen ohne Stillstand“ vor. Was heißt das für Sie?

Rabe: Stillstand hatten wir zwei Jahre lang. Corona hat vieles ausgebremst – persönliche Begegnungen, die Selbstverständlichkeit einer Verabredung. Sieben Wochen in Bewegung zu bleiben, das kann eine Herausforderung sein. Ich kenne das selbst. Mein liebstes Haustier ist der innere Schweinehund. Für mich bedeutet sieben Wochen üben, aus der Komfortzone zu gehen, mich in neuen Kreisen zu bewegen. Ich tue das, indem ich an einer berufsbildenden Schule Religion unterrichte.

Welcher Gedanke sollte hinter dem Fasten stehen?

Rabe: Üben Sie, gnädig und liebevoll mit sich zu sein. Fasten ist keine Quälerei, es soll Gewohnheiten durchbrechen. Beobachten Sie, wie das Ihren Alltag verändert. Gott hat viele Wege, die Menschen zu erreichen. Auch wenn wir materielle Dinge wie Schokolade oder Alkohol fasten, kann etwas aufblitzen, das wir nicht erwartet hatten. Fasten ist reflektieren: Jeder Sonntag ist ein kleines Osterfest, das dazu einlädt, in uns zu gehen und neue Kraft zu sammeln.

Woran erinnern Sie sich gerne, wenn es ums Fasten geht?

Rabe: Einmal rief ein Freund an. Sein. Fastenziel: jeden Tag mit zwei Personen zu telefonieren, die sich nach ihnen erkundigen. Ich finde, es ist eine tolle Idee, sich auch solchen Herausforderungen zu stellen.

Katharina Meusener/top agrar