Was ist ein Scriptorium?

Bis zum Beginn des Buchdrucks im 15. Jahrhundert konnten Bücher nur per Hand hergestellt werden. Jeder Schritt - von der Herstellung des Pergaments und der Tinte bis hin zum Binden des Buches - wurde händisch ausgeführt.

Abschreiben und Diktieren

Ein wichtiger Schritt war das handschriftliche Schreiben des Textes. Jedes Buch war ein Unikat. Wollte man ein zweites Exemplar eines Buches haben, musste es abgeschrieben werden. Entweder musste Mensch sich hinsetzen und eine bereits vorhandene Handschrift Wort für Wort abschreiben.

Oder eine Person las den Text vor, den dann mehrere Schreiber gleichzeitig nach Diaktat aufschrieben. So konnten mehrere Exemplare eines Buches gleichzeitig entstehen. In beiden Fällen war die Gefahr gegeben, dass sich Fehler einschlichen.

Scriptorien gab es vor allem in den Klöstern

Schreibwerkstätten gab es vor allem in den Klöstern. Das Abschreiben der Bibel und anderer geistlicher Texte war zum einen notwendig, galt aber zugleich auch als geistliche Übung für die Mönche und Nonnen.

In den Klöstern wurden auch weltliche und wissenschaftliche Texte weitertradiert. Über viele Jahrhunderte waren sie die einzigen Horte des Wissens. Erst mit dem Aufkommen der Universitäten ab dem 12. Jahrundert wurde der Bedarf an Büchern so groß, dass auch in den Städten Werkstätten zur Buchherstellung entstanden.

Man konnte nun in ersten "Buchhandlungen" Bücher erwerben, deren Inhalt autorisiert wurde, dies war vor allem für Studenten unerlässlich. Es entstanden Zünfte rund um die Buchherstellung: Pergamtmacher, Buchbinder, Schreiber, Illustratoren.

Teamarbeit in den Scriptorien

Auch in den Klöstern war die Arbeit in größeren Skriptorien streng organisiert. Einzelne Aufgaben wurden einzelnen Mönchen oder Nonnen zugewiesen. Es sind sogar Gemeinschaftsproduktionen von Mönchen und Nonnen bekannt (siehe Marginalspalte).

Zunächst musste das Pergament zum Beschreiben vorbereitet werden. Dazu wurden mit dem Lineal hauchdünne Linien gezogen, um die genaue Breite des Textes und der Ränder und den Platz für die Initialen (die großen Anfangsbuchstaben) festzulegen. Bei einer Prachthandschrift wurden auch Seiten für die Buchmalerei freigehalten.

Dann wurde von einem Schreiber der Text in schwarzer oder brauner Tinte geschrieben. Er ließ die Stellen für die Initialen und Überschriften frei. Nach ihm kam der Rubrikator (von lat.: rubricare = rot färben) an die Reihe. Er schrieb mit roter Tinte die Anfangsbuchstaben eines neuen Kapitels und die Überschriften, ggf. auch einzelne Worte, die hervorgehoben werden sollten.

Waren die Initialen mit Ranken und Bildern versehen, konnte dies auch die Aufgabe eines Buchmalers sein. Der Buchmaler war vor allem zuständig für die Bilder in aufwändigeren Handschriften. Diese Gemälde im Miniaturformat, „Miniaturen“ oder "Illuminationen“ genannt, faszinieren noch heute die Menschen.

Teilweise schrieben auch mehrere Schreiber gleichzeitig an einem Buch. Jeder erhielt eine Lage Pergament und schrieb einen anderen Abschnitt des Textes ab. Redakteure mussten hier auf die richtige Abfolge der Texte achten und im Voraus abschätzen, wie viel Text jeder Schreiber zu schreiben hatte, bevor die nächste Lage begann.

* Quelle Bild Rufillus: „Codex Bodmer 127 244r detail Rufillus“ von Frater Rufillus (wohl tätig im Weißenauer Skriptorium) - http://www.e-codices.unifr.ch/en/list/one/cb/0127. Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Codex_Bodmer_127_244r_detail_Rufillus.jpg#mediaviewer/File:Codex_Bodmer_127_244r_detail_Rufillus.jpg

Quelle zum Text: Vera Trost u.a.: „Wie entsteht eine Handschrift?“ in: Handschriften des Mittelalters. Die großen Bibliotheken in Baden-Württemberg und ihre Schätze, hg. v. Staatsanzeiger für Baden-Württemberg, Stuttgart 2007, S.35-55.

Zeitaufwand

Ein guter Schreiber konnte am Tag 150 bis 200 Zeilen schreiben. Wahrscheinlich konnten Mönche im 11. Jahrhundert drei bis vier Bücher pro Jahr fertigstellen.

Gemeinschaftsproduktion

Hin und wieder arbeiteten sogar Männer und Frauen gemeinsam an einer Handschrift.

Im Kloster Scharzenthann im Elsass kopierte 1154 die Nonne Guta eine Handschrift. Die Bilder und Kolorierungen steuerte dann der Mönch Sintram aus dem Nachbarkloster Murbach bei.