kopfgrafik_transparent_zu_weiss_maenner

Foto: pixabay Grafik: HkD

Gemeinsame Stellungnahme von Männer- und Frauenarbeit zum Tag der Familie am 15. Mai

Nachricht 05. Mai 2021
Wortwolke/60tools

Am 15. Mai ist der Tag der Familie. Familienkonstellationen sind heute vielfältiger als früher. Die Kirche hat immer das Familienbild mitgeprägt und sie ist auch in jüngster Vergangenheit auf die neuen Arten des Familie-Seins eingegangen. 2013 stellte die EKD eine Orientierungshilfe zur Familie vor: „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken.“ In dieser Schrift wird Familie nicht mehr ausschließlich als Vater-Mutter-Kind-Situation verstanden. Die gesellschaftliche Vielfalt wird ausdrücklich anerkannt. Familie ist, wo Erwachsene und Kinder verlässlich füreinander da sind. Unter dem Leitbild der Verlässlichkeit und Verbindlichkeit werden die unterschiedlichen Familiensituationen gewürdigt, die längst unsere Gegenwart prägen, auch wenn sie anders sind als die traditionellen.

Viel ist schon passiert, aber der eingeschlagene Weg der Unterstützung und Wertschätzung ist noch nicht am Ziel. Als ein Beispiel mag gelten, dass Kinder, die in eine herkömmliche Ehe hineingeboren werden, immer automatisch zwei Elternteile haben, nämlich die gebärende Mutter und den Mann, der mit der Mutter verheiratet ist - egal, ob er auch der biologische Vater ist. In gleichgeschlechtlichen Ehen wird aber nur die gebärende Mutter als Elternteil eingetragen. Die Partnerin muss das Kind erst als Stiefkind adoptieren. Sollte der gebärenden Mutter bis dahin etwas zustoßen, wäre das Kind verwaist, während es sonst immer einen zweiten Elternteil hätte. Sollte das Kind nicht in jedem Fall diese Verlässlichkeit haben? Ebenso ergeht es Elternteilen, die den Geschlechtseintrag „divers“ führen oder ohne Geschlechtseintrag in den amtlichen Dokumenten leben. Die Kinder, die in diesen Konstellationen leben, sind damit rechtlich in einer wesentlich schwächeren Position.

Die Vielfalt der Familiensituationen ist noch lange nicht in der Normalität angekommen. So sprechen Zwei-Väter-Familien davon, dass sie Pädophilie-Unterstellungen erleben oder ihnen die Erziehungskompetenz insgesamt abgesprochen wird. Alleinerziehende Mütter oder Väter werden leicht als unvollständige Familie wahrgenommen. Dass sie selbst diesen defizitären Blick auf sich spüren, hat u.a. die jüngste EKD-Mitgliedschaftsuntersuchung gezeigt und eine deutlich geringere Taufbereitschaft dieser Familien feststellt. „Ich möchte am Taufbecken nicht angestarrt werden!“

Es ist noch ein weiter Weg zu gehen, bis die Perspektiven der Familienschrift wahr werden. Familien haben unterschiedliche Gestalt, aber sie verdienen als verlässliche und liebevolle Lebensorte alle Wertschätzung und Unterstützung. Stimmen des rechtspolitischen Spektrums, aber auch von rechtskonservativen Theolog*innen propagieren ein enges Bild der „wahren“ Familie. In der Betonung der traditionellen Rollenmuster geraten die vielen Lebensorte, in denen Kinder liebevoll aufwachsen können, in ein defizitäres Licht.

Wir betonen am heutigen Tag der Familie: Familie ist da, wo Erwachsene mit Kindern leben und wo dieses Leben gleichberechtigt verlässlich und sorgend gelebt wird. Jesus hat gegenüber den gesellschaftlichen Normen immer wieder deutlich gemacht, worauf es ihm ankam: dass sich in unseren Beziehungen die Liebe Gottes abbildet. Es kam ihm auf die Qualität des Miteinanders, nicht auf die äußerlichen Formen und gesellschaftlichen Vorgaben an. Deshalb stehen wir an der Seite derer, die in Vielfalt und Verlässlichkeit ihre Liebe zueinander leben.

Henning Busse, Landespastor für Männerarbeit

Susanne Paul, Landespastorin für die Arbeit mit Frauen