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Grafik: HkD

Warum sollten sich Kirchengemeinden mit den Gedenkorten für die Verstorbenen der Weltkriege befassen?

Einige Anregungen und Argumentationshilfen

Der Beginn des 1. Weltkriegs jährt sich zum 100.mal, der des 2. zum 75. Mal. 2015 gedenken wir 70 – Jahre Ende des 2. Weltkriegs. So besteht ein konkreter Anlass und höchste Zeit, sich mit den Kriegerdenkmälern zu befassen.
 
1. Das Jahr 2014 ist besonders erfüllt von kriegerischen Auseinandersetzungen aller Orten: Syrien / Irak / Afghanistan / Kongo / Nigeria / Libyen / Krim / Ost – Ukraine / Israel / Gaza / …, um nur die Augenfälligsten zu nennen. Viele dieser Kriege greifen in ihren Ursachen noch bis in die Entstehung und die Auswirkungen der Weltkriege zurück. Z.B. die willkürlichen Grenzziehungen in Syrien und im Irak, die national -ethnischen Konflikte in der Ukraine, der Kolonialismus, der Antisemitismus, der Militarismus…- Wir müssen deutlich machen, dass aus der Geschichte zu lernen ist.
 
2. Die Gedenkorte sind Bestandteil der Ausstattung der Kirche oder liegen auf unserem Gelände oder Friedhof. Allein deshalb verdienen sie schon unsere Aufmerksamkeit.
 
3. Wir tragen Verantwortung für das, was wir durch die Gestaltung unsere Kirchen vermitteln und müssen dies immer mal wieder kritisch hinterfragen: Transportieren wir eine Botschaft, die wir auch verantworten können. Sollten die Kriegerdenkmäler nicht kirchlich, sondern kommunal sein, tragen wir als Bürger der Stadt und Teil des Gemeinwesens auch dafür Verantwortung.
 
4. Als Gedenkorte der Trauer sind sie zu achten und zu erhalten, sollten aber zu Gedenkorten für alle im Krieg gestorbenen werden, nicht nur für die Soldaten. Zivile und andere Opfergruppen sollten in jedem Fall sichtbar werden, wenn es dazu einen örtlichen Bezug gibt. Nur so bemühen wir uns angemessen, wirklich den Opfern des Krieges gerecht zu werden.
 
5. Ursachen, die zu den Weltkriegen führten, bestimmen das Denken und Handeln bis heute und führen zu Kriegen: Militarismus, Nationalismus, wirtschaftliches und territoriales Machtstreben, Rassismus, Aufrüstung,…
Diesem sollten wir unser christliches Gedankengut sichtbar entgegen setzen.
 
6. Es  ist kein überholtes Thema. Es geht nicht nur um eine historische Einordnung, sondern um das zentrale Problem unserer Zeit: Wie kommen wir, ausgeht von den Schrecken der Kriege, zu einem Weltfrieden. Denn dieser ist unser Auftrag für unser Leben als Christinnen und Christen auf Erden: „Wer aus dem Frieden Gottes lebt, tritt für den Frieden ein!“
 
7. Wenn Denkmäler den heutigen Geist des Strebens nach: Gerechter Friede – Versöhnung - Hass überwinden – streben nach einer friedlichen, gewaltlosen Welt transportieren sollen, müssen es manchmal andere sein nach Art, Form und Ausdruck. Wenn die Denkmäler nicht als Mahnzeichen für den Frieden gestaltet und begriffen werden, verlieren sie ihre Funktion für heute, nämlich Steine des Anstoßes zu sein und Mahnung für den Frieden.
 
8. Wir  ermutigen  dazu,  die Gedenkorte auch künstlerisch neu zu gestalten oder zu kommentieren. Das wir heute anders denken, als es die Gedenkorte vermitteln, muss dauerhaft sichtbar werden. In vielen temporären Ausstellungen, Filmen, Vorträgen…werden die Schrecken der Kriege deutlich. In den Kirchen muss dies dauerhaft Gestalt finden, nur so prägen sie auch spätere Generationen.
 
9. Vor, in und auch nach dem 1. Weltkrieg haben die Kirchen in ihrer Breite versagt und sind dem Friedensanspruch des Evangeliums in keiner Weise gerecht geworden. Sie gehörten mit zu den Kriegstreibern, haben theologische Gründe geliefert, warum der Krieg gerecht ist und dem Töten und Sterben einen vermeintlichen Sinn und eine Glorifizierung verliehen.  Dies gilt im Wesentlichen auch noch für den 2. Weltkrieg. Jetzt, nach 100 Jahren, muss unser neues Gedenken sichtbare Gestalt finden.
 
10. Besonders die Gedenkorte, die nach dem 1. Weltkrieg aufgestellt wurden, sind bis heute oft noch Zeugen dieses „alten“ Denkens und transportieren es in unsere Zeit. Wenn wir Gedenkorte in den Kirchen haben, die durch Bilder oder Worte Krieg verharmlosen oder gar verherrlichen und den Tod glorifizieren, so haben wir den Auftrag, deutlich zu machen, dass dies nicht mehr unserem kirchlichen und theologischen Denken entspricht.
 
11. Die Wirkung der Gedenkorte darf nicht unterschätzt werde. Sie vollzieht sich fast unsichtbar, schleichend und wirkt doch. Ziel war es den Tod zu verklären: Heldentod – „ sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens aufsetzen“ ; den Nationalstolz zu erhalten (für Ehre und Vaterland, in Treue) das Militärische zu glorifizieren („unseren tapferen Jünglingen“, Lorbeerkranz, Eichenlaub, Heldenposen, Schwerter…). So sollte der grausamen Realität des Kriegstodes eine Überhöhung gegeben werden und sie rechtfertigen indirekt bis heute den Krieg, als legitimes Mittel der Politik.
 
12. Wir haben als christliche Kirchengemeinden die Verantwortung, einer Glorifizierung des Todes im Krieg zu widersprechen. Stattdessen sollten wir unsere Verantwortung für einen gerechten Frieden, dem Vorrang für Zivil und Gewaltfreiheit, deutlich machen, wie es die EKD – Denkschrift von 2007: „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“, ausdrückt.
 
13. Es geht ausdrücklich nicht um eine Beseitigung, sondern sie müssen so gestaltet sein, dass sie uns zwingen zu Einsichten für unsere Zeit und nicht kommentarlos überwundenes und falsches (theologisches) Denken transportieren. Dies kann durch ergänzende Tafeln, Erklärungen oder auch gestalterische Eingriffe geschehen.
 
14. Es sollten Kooperationen mit der Kommune und anderen gesellschaftlichen Gruppen gesucht werden, um diese Aufgabe gemeinsam anzugehen und hoffentlich auch kommunale Kriegerdenkmäler bearbeitet werden.
 
„ Ein kritisch zurecht gerücktes Denkmal kann mehr zur Friedenserziehung beitragen, als seine Beseitigung. Es hält unsere Erinnerung wach, als Warnung vor der Vergangenheit, als Warnung für die Zukunft!“ (So zitiert Prof. Gerhard Schneider in seinem Buch“ … nicht umsonst gefallen“? (1991) aus „Unsere tapferen Helden…“, hrsg. Vom Fachbereich Design der FH in Dortmund ,1987)