Junge Menschen erzählen christliche Botschaften auf Instagram

Nachricht 09. November 2021
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Beim ersten Social Media Bootcamp der hannoverschen Landeskirche trainierten junge Menschen ihr digitalen Fähigkeiten. Bild: Daniel Poiema

Sarina berichtet von ihrem Leben als angehende Pastorin, William stellt die Arbeit der Evangelischen Jugend in Neustadt-Wunstorf vor und Lars will zeigen, dass er auch als Christ verrückte Sachen machen kann. Ihre Geschichten erzählen sie in den sozialen Medien, auf Instagram, YouTube oder TikTok. Christliche Themen haben ihre Nische in den sozialen Netzwerken, Influencer wie Theresa Brückner auf Instagram (@theresaliebt) oder Gunnar Engel bei Youtube (@PastorGunnarEngel) haben Abonnenten im fünfstelligen Bereich. Doch wie können christliche Werte und Inhalte erfolgreich digital präsentiert werden, ohne von vornherein in eine „Typisch-Kirche“-Schublade gepackt zu werden? „Natürlich gibt es Schubladen und wir werden auch mal als ‚Christfluencer‘ belächelt oder als konservativ-fromm eingestuft“, bestätigt Patrick Senner. „Außerdem existieren ja auch die verschiedenen kirchlichen Bubbles, von konservativ bis progressiv.“ Der Jugendpastor hat Ende Oktober zusammen mit Rainer Koch von den Missionarischen Diensten im Haus kirchlicher Dienste und Regula Jantos aus dem Landesjugendpfarramt für die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers ein Social-Media-Bootcamp organisiert. Vier Tage lang konnten 15 junge Menschen zusammen mit Profis aus den sozialen Netzwerken an ihren Profilen und Formaten feilen. Denn Senner möchte junge Menschen aus der Kirche dabei unterstützen, ihre eigene Erzählform und ihre eigene Pesonenmarke in den digitalen Netzwerken zu finden.

Auf der Suche nach dem persönlichen Thema

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Beim ersten Social Media Bootcamp der hannoverschen Landeskirche trainierten junge Menschen ihr digitalen Fähigkeiten. Bild: Daniel Poiema

„Um erfolgreich auch außerhalb der Kirchenblase wahrgenommen zu werden, ist es wichtig, dass wir dialogfähig bleiben, auch mit nicht-frommen Accounts zusammenarbeiten, auf ihre Inhalte reagieren und durch Reels oder TikTok zeigen, dass wir auch anders können“, erklärt Senner. Beim Bootcamp haben die Teilnehmenden verschiedene Plattformen und Formate des Storytellings kennengelernt und Grundlagen von Grafik, Fotografie und Video vermittelt bekommen. Doch zentrales Thema neben allem Handwerklichen war die Frage nach dem Why, nach der Kernbotschaft. In mehreren Workshops haben sich die jungen Kreativen auf die Suche nach ihrem persönlichen Thema begeben und ihre Accounts entsprechend geschärft.

„Mit dem Social Media Bootcamp wollen wir dazu beitragen, junge medienschaffende Menschen zu fördern, die auf ihre ganz individuelle Weise christliche Werte digital kommunizieren. Schön, wenn das Evangelium in den Medien mehr Ausdruckskraft bekommt“, sagt Rainer Koch aus dem Organisationsteam. Ihm ist es wichtig, immer wieder neue experimentelle, digitale Formate zu erproben, um für Sinnsucher und spirituell offene Menschen Kontaktflächen und Kommunikationsräume zu schaffen.

Das Social Media Bootcamp ist ein Kooperationsprojekt der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers unter anderem mit dem Verband Entschieden für Christus (EC) Niedersachsen und dem Evangelischen Jugendwerk in Württemberg. Seinen Ursprung hat das Veranstaltungsformat in Württemberg, wo es bereits 2019 erfolgreich gelaufen ist. Dieses Jahr gab es zeitgleich zwei Veranstaltungen: das „Nordcamp“ in Hannover und das Südcamp in Ulm, das von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Württemberg ausgerichtet wurde. Mittels Livestreams haben die beiden Camps einzelne Seminarteile gemeinsam angeboten.

Öffentlichkeitsarbeit im Landesjugendpfarramt

Interview mit William Barr

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William Barr von der Evangelischen Jugend in Neustadt-Wunstorf. Bild: Daniel Poiema

William Barr (23) aus Mariensee hat am Social Media Bootcamp der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers teilgenommen. Der Lehramtsstudent kommt aus der Evangelischen Jugend Neustadt-Wunstorf, für die er auch den Instagramaccount betreut. Während des Bootcamps hat er ein Konzept für einen neuen, eigenen Account entwickelt: „Bar(r) & Church?“. Authentizität spielt für Barr eine große Rolle, gerade in den sozialen Netzwerken. Außerdem möchte er Menschen aus ihren Themenblasen herauslocken und miteinander in Kontakt bringen.

Du startest mit einem neuen Instagram-Account. Was verbirgt sich hinter Bar(r) & Church?

„Bar(r) & Church?“ ist ein sehr spontan entstandenes Projekt, das zu einem großen Teil mein Leben widerspiegelt. Es geht um vermeintliche Gegensätze, was Hobbies, Orte, Musikrichtungen und vieles mehr betrifft. Früher hatte ich gefühlt zwei Leben: Einerseits mein sehr christliches Leben, vor allem durch den Sonntag in der Church geprägt. Anderseits das weltliche Leben durch meine Schulfreunde. Ich habe sehr lange gebraucht und bin immer noch dabei, beide Seiten in mir authentisch zu vereinen – auch um mich nirgendwo verstellen zu müssen.

Zu oft habe ich auf das Trennende geschaut, sodass ich entweder der Christliche oder der Weltliche war. Der Name des Accounts trägt nun ganz bewusst das „und“ im Namen. Ich möchte das Verbindende und Gemeinsame suchen und andere ermutigen, sich aus ihrer Bubble herauszutrauen. Das Leben ist einfach viel zu bunt und schön, um in seiner Komfortzone zu bleiben.

Wen möchtest Du mit Deinem neuen Account erreichen?

Das ist eine gute und wichtige Frage, die ich unbedingt noch genauer für mich beantworten muss. In jedem Fall sind es Menschen, die sich in meiner Lebensgeschichte wiederfinden, aber auch Menschen, die mit Glauben bisher noch nicht viel anfangen können.

Im Internet ist angeblich alles inszeniert - Wie viel willst Du von Dir auf Deinem Account zeigen?

Am wichtigsten für mich wird es sein, authentisch zu bleiben. Und ich möchte mir die Zeit geben, dieser Authentizität mit jedem weiteren Post näher zu kommen. Gerade am Anfang ist es mit Sicherheit nicht leicht, da es erstmal ungewohnt sein wird, etwas von seinem Leben vor der Kamera zu teilen. Aber es soll auch Grenzen geben, sodass ich Persönliches und Privates voneinander trennen möchte.

Warum ist es Deiner Meinung nach wichtig, dass Christ*innen in den sozialen Netzwerken präsent sind?

Es gibt diese eine Frage: „WWJD – „What would Jesus do?“. Und so wie ich ihn durch die Bibel kennen gelernt habe, ist er bewusst auf die Menschen an ihren Orten zugegangen. Und da heutzutage Social Media immer mehr Zeit vor allem der Jugendlichen in Anspruch nimmt, sollte auch dort das Evangelium verbreitet werden.

Sind sogenannte Sinnfluencer*innen nicht eher nur was für ein spezielles (kirchliches) Publikum? Haben christliche Inhalte überhaupt eine Chance, auf Social Media wahrgenommen zu werden?

Ich glaube, gerade das ist unsere Herausforderung: Die Menschen in ihrer Sprache zu erreichen. Wenn jeder Christ in seiner Sprache authentisch bleibt und seinen Teil dazu beiträgt, dann werden wir mit Sicherheit viele Szenen abdecken – wie ein großes Puzzle. Und letztendlich brauchen alle Menschen Zuspruch und Hoffnung: Am besten an so vielen Orten wie möglich und mit der besten Botschaft, die es auf dieser Welt gibt!

Instagramaccount der Evangelischen Jugend Neustadt-Wunstorf: @evju.neustadtwunstorf