Nach zehn Minuten verlassen zwei Paare das Kino. Fünf Minuten später gehen drei weitere Personen. Der Rest, 15 Besucherinnen und Besucher und ich, bleiben. Es gibt noch Filme, die Menschen aus dem Kino treiben. Gut so. „Ich war zuhause, aber …“ ist einer von ihnen. Der Film von Angela Schanelec kam 2019 in die Kinos. Die Berliner Regisseurin erzählt darin von Astrid, die mit ihren beiden Kindern Flo und Phillip allein lebt. Ihr Mann ist gestorben. Zu Beginn des Films ist ihr Sohn verschwunden. Und taucht plötzlich wieder auf, verdreckt und verletzt. Wo er war, bleibt unerzählt. „Erzählen“, das heißt bei Angela Schanelec: Ins Stocken geraten, von vorn anfangen, schweigen, bis es nicht mehr auszuhalten ist.
„Zuschauer“ gibt es für diesen Film nicht. Wer ihn ansieht, wird zum Mitschauer, zur Gegenseherin. Der Film fordert dazu heraus, Szenen weiterzuerzählen. Wortlücken zu füllen. Er versetzt ins Warten. Standby. Warten auf Worte, die irgendwann vom Himmel fallen. Sinnfetzen fliegen durcheinander, wollen aufgefangen und neu arrangiert werden. Sätze bleiben stehen. Antwort bleibt aus. Kindermünder zitieren den Hamlet im Klassenzimmer, in Sneakers. Worte und Personen sind seltsam unverbunden. Das macht die Worte grundlegend und groß. So groß wie die Details: ein klemmender Fahrradreifen. Die leere Plastikdose im Lehrerzimmer. Die Malerleiter vor dem geschlossenen Geschäft. Scheinbar endlos wird schweigend ein Fuß verbunden. Zuweilen siegt Klang über Wort. Straßenverkehr braust einen Dialog über Schmerz und Verlust nieder. Ein Fechtkampf den Versuch, im Angesicht eines Neugeborenen etwas zu sagen. Der Mann, der Astrid ein Fahrrad verkauft, ist kaum zu verstehen, weil er aufgrund einer Kehlkopferkrankung eine Sprechhilfe verwendet. Stimmen aus einer anderen Welt.