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Werksvertragsarbeit: „Lippenbekenntnisse helfen niemandem“

Nachricht 20. Mai 2020
Pastorin Ricarda Rabe und Benjamin Sadler begrüßen das Vorhaben der Bundesregierung, die Werkverträge und Leiharbeit ab 2021 zu verbieten. Bild: Jens Schulze/Fotostudio Angelstein

Die Corona-Krise wirkt wie ein Kontrastmittel. Sie macht sichtbar, was für Missstände in der Gesellschaft schon lange existieren und dringend korrigiert werden müssen. Aktuell gilt es für die hohe Zahl an Infizierten mit COVID-19 in Schlacht- und Zerlegebetrieben. Auch wenn einzelne Betriebe oder Erkrankte als verantwortlich an den Infektionen identifiziert werden, liegt die Ursache viel tiefer. Der Kirchliche Dienst auf dem Lande und der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt im Haus kirchlicher Dienste (HkD) begrüßen das Vorhaben der Bundesregierung, die Werkverträge und Leiharbeit ab 2021 zu verbieten und mahnen eine konsequente Umsetzung der Gesetzgebung an. „Lippenbekenntnisse helfen niemandem“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.

Pastorin Ricarda Rabe, Referentin für den Kirchlichen Dienst auf dem Lande im Haus kirchlicher Dienste (HkD) stellt dazu fest: „Alle, die es sehen wollten, wissen es seit Jahren: Um im Lebensmittel-Einzelhandel (LEH) und der Außerhaus-Verpflegung möglichst billig Fleisch anzubieten, zahlen viele einen zu hohen Preis. Angefangen bei den Tieren, die nicht immer artgerecht leben und ohne Leid und Schmerz getötet werden, bis hin den Konsumenten, die ihre Gesundheit durch zu hohen Fleischkonsum gefährden.“

Ein Glied in der Kette derer, die das System aufrechterhalten und zugleich darunter leiden, seien die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den Schlachthöfen und Zerlegebetrieben, ob direkt oder über Werksverträge angestellt. „Diese Menschen, häufig aus Ost- und Südosteuropa, sind auf die Jobs in Schlachtbetrieben angewiesen, um ihre Familien in Deutschland und in ihren Heimatländern zu unterstützen, und können sich nicht gegen zum Teil menschenunwürdige Arbeitsbedingungen wehren“, so Rabe.

„Die deutschen Fleischproduzenten bewegen sich in einem globalen Markt und sind einem starken Preisdruck ausgesetzt. Der Preis geht vor allem zu Lasten der Werksvertragsarbeiterinnen und -arbeiter. Wenn wir die Wohn- und Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen ändern wollen, müssen wir in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gemeinsam die gesamte Lieferkette in den Blick nehmen und tatsächlich mehr zahlen für das Fleisch, das wir essen“, so Benjamin Sadler, HkD-Referent im Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt in der Region Osnabrück.