Tanzende Wirbel wie Geistwesen kann man an den Wänden sehen. In bestimmter Perspektive hat jemand auch ein Herz entdeckt, obwohl der Künstler das und überhaupt Gegenständliches nicht malen wollte. Aber Liebe ist auch ein Name für den Heiligen Geist.
Der Geist hat keine fassbare Gestalt. Er ist dynamisch, bewegt im Wandel, voller Energie. Geist – Bewegung – Pfingsten sind wie Licht für sich auch nicht sichtbar. Sie sind aber auch etwas, was Kunst sichtbar machen kann.
Ostern startete das ganze Projekt mit Licht. Mit Hoffnung. Transzendenz, Auferstehung, nicht sichtbar, aber ahnbar gemacht mit Kunst. Von oben kommt es in den Raum, um auf- und anzunehmen, was von unten entgegenkommt: Gerüche, Gebete, Blicke. Eine Achse ist das Oben-Unten.
Das Licht fließt in den Raum, trifft auf Köpfe und Herzen und beginnt, als Flammen zu tanzen. Es verwirbelt wie Wasser an Steinen im Strom, die es zugleich bewegt. Die Perspektiven verschieben sich an Pfingsten. Das Auferstehungslicht, das seit Ostern in die Welt leuchtet, löst Dynamik in der Welt aus. Es setzt Menschen in Bewegung. Kirche wird.
Die Haltung verändert sich. Aus dem Blick nach oben wird ein geweiteter Horizont. Und da geht das Wachstum weiter: an der Tür mit dem Blick hinaus. Menschen geraten in diesem Licht in den Blick. Menschen, mit denen wir im Licht stehen. Mit denen wir mit hineingenommen sind in das Wachstum der Sache Gottes. Und auch Dunkles wird erkennbar durch den Schein des Lichtes. Beschattetes hat der Künstler im Gewölbe nachtblau konturiert. Den Perspektivwechsel von Pfingsten deutet eine zweite Achse an. Von der Altarwand blickt den Eintretenden eine salvator mundi-Adaption an, die Henning Diers während der Arbeit am Wachstum im Atelier gemalt hat. Auch sie ist mit Wachs überzogen, und in der Glaskugel, die der segnende Christus in der Hand hält, spiegeln sich die Oberlichter des Mausoleumsturms.
Um das Kreuz, das sonst dort hängt, herum hat Henning Diers einen leuchtend gelben Strahlenkranz gestaltet. Dynamisch platzt er in den Raum und drängt zur Tür, wo das Wachstum in die Welt will und sich die Welt anverwandelt. Mit Ockeranklang für die Erde und Blutrot für die Menschen.
Mit Wachs gemalt sind das Licht und der Geist. Wachs ist, noch deutlicher als andere Farben, Materie, die Licht nur darstellt. Diese Materialität repräsentiert die Welt, in der der Geist wirkt. Und doch gerade als Materie, als Material hat Wachs einen besonderen Glanz. Sein Leuchten versinnbildlicht geistbewegte, geistbelebte Materie. Gottes Kraft lässt Menschen leuchten. Schon Moses Gesicht glänzt nach der Begegnung mit Gott (2. Mose 34).
Das Pfingstwachstum will Menschen glänzen lassen.