Bis zu einem gewissen Alter – ich nenne keine Zahlen – galt mir die Architektur und Formensprache der 1950er Jahre als nüchtern und langweilig, um nicht zu sagen piefig, unspektakulär und schnöde. Irgendwann änderte sich das, so wie ich auch erst in reiferen Jahren Johnny Cash für mich entdeckte und Countrymusic nicht mehr prinzipiell verachtete, ja als reaktionär verdammte.
War es bei der Countrymusic die Entdeckung der späten Americana Alben des großen Johnny Cash so war es im Falle der 1950er-Jahre-Architektur die Wahrnehmung der oftmals wunderbaren Treppenhäuser der damaligen (Groß-) Bauten, die das Fundament für meine nun differenziertere und wohlwollendere Rezeption der Bauwerke dieser Zeit legte. So sachlich nüchtern die Rasterfassaden vieler größerer 50er-Jahre-Bauten sind und wirken, so spektakulär raumgreifend und schwungvoll kommen etliche ihrer ‚Innereien‘ daher, vornehmlich die Treppenhäuser, die mit überraschend kühnem Schwung und ungewöhnlich kessen Rundungen quasi sinnbildlich für den Charme dieser Architekturepoche stehen.
Das ehemalige Preussag-Gebäude, heute Sitz des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur des Landes Niedersachsen, am Leibnizufer zu Hannover gelegen und dort 1952 errichtet, repräsentiert ein schönes Beispiel für diese drei Stilmerkmale der Architektur seiner Entstehungszeit: Es weist erstens eine geometrisch streng gegliederte Ordnung seiner drei zusammenhängenden Baukörper auf, die allesamt von einer einheitlichen Rasterfassade nach außen hin geprägt sind. Ein mittelhoher Längsbaukörper wird von zwei Querkörpern seitlich eingefasst. Der eine mit dem Haupteingang, -foyer und -treppenhaus ist dabei deutlich höher und wuchtiger in der Anmutung als der andere, dessen Höhe den Längskörper nicht übersteigt. Insgesamt entsteht ein monumentaler, repräsentativer und klarer Eindruck des gesamten Ensembles. Zweitens zeigt sich hier sehr deutlich der Wille zur Größe, oder neudeutsch gesagt: Damals wusste man noch sehr genau und baute dann auch so, dass dieses ein- und umgesetzt wurde: size matters.