Das hat sich niemand von uns wirklich gewünscht. Aber – „AHA“ (Advent mit Abstand – Hygiene – Alltagsmaske) ist Realität und bedeutet: Dieses Jahr ist alles anders. Altgewohntes müssen wir anders gestalten, anders wahrnehmen. Vielleicht auch den Advent ganz neu für uns entdecken, ganz neu buchstabieren.
Advent kommt vom lateinischen „adventus“ und heißt übersetzt „Ankunft“. Weihnachten bringt diese Ankunft. Mit der Geburt des Kindes Jesus kommt Gott in unsere Welt.
Wie werde ich dieses Jahr Advent feiern? Gelingt es mir trotz Corona, mich auf das Fest einzustimmen? In vielen Städten wird es keinen oder nur einen abgespeckten Weihnachtsmarkt geben. Das ist schade, aber folgerichtig. Aber es wird etwas fehlen: die überraschenden Begegnungen mit Menschen, die ich lange nicht gesehen habe, die Verabredung mit Freunden und Freundinnen zum Einkaufsbummel, Weihnachtsmarkt oder zum Essen, die Weihnachtsmusik und weiterhin das Singen im Gottesdienst. Es ist schon traurig, wenn etwas Gewohntes wegfällt. Aber ist mein Leben nicht trotzdem abwechslungsreich und lebenswert? Vielleicht ist es auch an der Zeit darüber nachzudenken, wie wir dankbarer leben können.
Dankbar sein, für alles was ich besitze. Dankbar, für all die Möglichkeiten, die ich trotz aller Einschränkungen durch Corona habe. Dankbar sein für die Menschen, die mein Leben teilen.
Im 103. Psalm heißt es:
„Vergiss nicht, was Gott dir Gutes getan hat.“ Fällt mir all das Gute noch ein, das Gott mir geschickt hat? Darüber nachzudenken kann hilfreich sein. Wir müssen nicht jammern und klagen, weil wir auf Gewohntes verzichten müssen, sondern danken und teilen und dabei den anderen im Blick haben, weil Gott uns auch im Blick hat. Jeden Sonntag im Advent zünden wir eine weitere Kerze an unserem Adventskranz an. So kennen wir es schon aus unserer Kinderzeit. Ist das für uns nur ein schöner Brauch, der Licht und Gemütlichkeit in die graue Jahreszeit bringen soll? Oder steckt mehr dahinter? Was bedeutet uns Advent? Was erwarten wir? Vielleicht müssen wir uns erinnern.
Erinnern daran, dass Advent nicht nur die Vorbereitung auf das Weihnachtsfest mit Gemütlichkeit und Einkauf von Weihnachtsgeschenken ist. Früher war die Adventszeit eine Zeit der Buße und des Fastens. Man wollte sich daran erinnern, dass dieser Jesus wiederkommen will, um einen neuen Himmel und eine neue Erde zu schaffen. Dazu gehörte, jede und jeder soll prüfen, was er oder sie im Blick auf das Kommen Gottes in seinem oder ihrem Leben verändern oder besser machen könnte. Dazu gehört die Nächstenliebe. „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. Nächstenliebe braucht Nähe, Zuwendung, Einfühlung. Nächstenliebe in Zeiten von Corona heißt: Abstand halten. Keine überflüssige Nähe, keine Berührungen. Keine großen Menschenansammlungen.
Nächstenliebe bedeutet auch, neue, andere Wege zu finden, um einander nah zu bleiben. Wir können Gemeinschaft online halten, in sozialen Netzwerken, per Telefon oder durch Briefe mit Fotos, selbstgemalten Bildern.
Nächstenliebe ist auch, wenn wir mit- und füreinander beten. Dann sind wir mit Gott verbunden, dem tiefsten Band unseres Miteinanders in frohen und dunklen Stunden. Und dann hilft noch Träumen.
Träumen von einem neuen Himmel und einer neuen Erde. Wo es kein Corona oder sonstige Krankheiten gibt, keine Kriege. Wo alle Menschen dankbar und in Nächstenliebe miteinander leben. Es tut gut zu träumen.
Die vor uns liegende Adventszeit bietet in besonderer Weise Anlass zum Träumen: nicht nur von Geschenken unter dem Christbaum oder einer „weißen Weihnacht“. Vielen geht es bei ihrem Weihnachtsträumen eher um schöne, erfüllte Festtage mit der Familie, mit Freunden oder auch allein.
Dazu gehört aber auch die Verheißung Gottes, dass dieses Leben eines Tages in einem großen Fest aufgehen wird! Die Weihnachtsbotschaft der Bibel sagt, dass Gott uns diesen großen Menschheitstraum erfüllt: Er kommt uns Menschen nahe, er wird einer von uns. Jesus, Gottes Sohn, der Heiland dieser Welt, wird als Mensch im Stall zu Bethlehem geboren.
Der Advent ist so eine Zeit, in der wir der Freude, dem Licht, das in die Welt kommt, ein kleines Stück entgegengehen können, auch in Zeiten von Corona. Vielleicht gerade dann! Bereiten Sie sich vor.
Ursula Seidel