
Corona bestimmt weltweit das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben. Experten zufolge stehen wir erst am Anfang einer globalen Pandemie. Der persönliche Kontakt zu anderen Menschen ist deutlich begrenzt, Kommunikation und Austausch finden nur über Telefon und Internet auf Distanz statt. Hinzu kommen für viele Menschen existentielle wirtschaftliche Sorgen. Auf die Fragen, welche Bedeutung die Corona-Krise für das kirchliche Leben hat, antwortet Philip Elhaus, Leitender Referenten für Missionarische Dienste im Haus kirchlicher Dienste.
Kontaktverbot, existentielle Nöte, das alles betrifft auch die Kirchen. Wie gehen Christen mit der Situation um?
Ich beobachte ein neues Interesse am Gebet und an Ritualen, und ich sehe eine Vielzahl an kreativen Ideen und Impulsen. Ein altes Sprichwort sagt „Not lehrt beten“. Das bedeutet zunächst, mit den eigenen Gedanken und Gefühlen, Ängsten und Unsicherheiten nicht allen bleiben zu müssen, sich aussprechen zu können. Es ist ein Geschenk, in Einsamkeit einen Sprachgesell zu haben, wie dies Paul Gerhard in einem Kirchenlied sehr schön ausdrückt. Gott in den Ohren zu liegen. Klagen, fragen, bitten –Loslassen, zur Ruhe kommen, neue Kraft schöpfen. Gott ist oft nur ein Gebet weit entfernt.
Ein Gebet kann ich frei formulieren, aber mir auch lebensgesättigte Worte aus der Bibel leihen, zum Beispiel aus den Psalmen. Über die Fürbitte schließe ich andere Menschen ein, Notleidende auf der ganzen Welt, aber auch mir ganz nahe stehende Menschen, die ich nun nicht treffen darf, aber im Gebet innerlich vor Augen sehe und umarme. Insofern hat das Gebet etwas Befreiendes und Tröstendes, und durch die Fürbitte auch etwas Verbindendes. Auf zahlreichen Onlineplattformen wird gemeinsam gebetet.
Not macht auch erfinderisch, weckt Ideen und Talente. Ich staune über die vielen kleinen und großen Zeichen und Initiativen, über Phantasie und Engagement. Am Palmsonntag läuteten bundesweit die Glocken, ebenso am kommenden Ostersonntag um 12 Uhr. Die Evangelische Kirche in Deutschland ruft dazu auf, täglich um 19 Uhr gemeinsam „Der Mond ist aufgegangen“ zu singen oder zu musizieren, auf dem eigenen Balkon oder im Garten. Das Angebot der Telefonseelsorge wird verstärkt wahrgenommen und ausgebaut, die Internetseelsorge gerade von vielen Menschen entdeckt.
Viele Gemeinden gehen online und bieten einen kommunikativen Mix aus digital und analog: Gestreamte Gottesdienste, geistliche Impulse auf der Webseite, Telefonketten, biblische Mutmachworte auf Wäscheleinen zum Abreißen, Segensstationen auf Tour mit dem Lastenfahrrad, mobile Lautsprecheranlagen mit Segenswünschen und vieles mehr. Und darüber hinaus viele konkrete Hilfsangebote von Nachbarschaftshilfe bis zu mobilen Verpflegungsstationen für die LKW-Fahrer angesichts der geschlossenen Raststätten.